Diskriminierung und Stigmatisierung Psychisch Kranker

Diskriminierung und Stigmatisierung psychisch Kranker

Diskriminierung und Stigmatisierung psychisch Kranker

Nicht dass es schon schlimm genug wäre, direkt oder indirekt von der Depression betroffen zu sein, aber wenn es soweit ist, dann kommt auch noch das seltsame Verhalten der Mitmenschen in oftmals belastender Weise hinzu. Obwohl das Selbstbewusstsein depressiver Menschen doch schon im Keller ist, haut das „gesunde Volksempfinden“ noch drauf und erklärt die Erkrankten für verrückt, zu Psychos, für nicht normal und rückt sie nicht selten sogar in die Nähe von psychisch kranken Schwerverbrechern. Wer die Diagnose Depression erhält, ist offenbar unerwünscht. Die Kündigung des Arbeitsplatzes ist zumeist der erste Beleg hierfür. Das macht die Opfer zu doppelten Opfern und fügt ihnen unnötigen Schaden zu. Wäre „das Volk“ ein wenig aufgeklärter, ein wenig besser informiert, würde es womöglich akzeptieren können, dass die Depression keine selbstgewollte Schwäche, sondern eine tiefgreifende seelische Erkrankung ist, die ganz nebenbei erwähnt, tatsächlich jeden Menschen treffen kann.


Psychisch krank – Nein Danke

Wir sind ein weltoffenes, humanes und hoch entwickeltes  Land. Deutschland kann sich sehen lassen im Weltgefüge menschenfreundlicher Gesellschaftsordnungen. Wir haben die Todesstrafe abgeschafft und uns maßgeblich für ein offenes und vereintes Europa stark gemacht. Die Folgen der letzten Kriege überwanden wir und  lernten daraus. Wir haben versucht, wiedergutzumachen, was an nationalsozialistischem Unrecht geschah und tun dies mit großem Einsatz noch heute. In aller Welt engagieren wir uns für Menschenrechte und leisten zivile und militärische Hilfe, wo immer es geboten und vor unserer Verfassung möglich ist. Wir sind stets eines der ersten Länder, das humanitäre Hilfe anbietet, wenn es um internationale Krisenschwerpunkte geht. Schnell und möglichst unbürokratisch helfen wir mit Geld und mit Manpower, wo immer es von Nöten ist.

Wir sind die Guten

Wir nehmen Flüchtlinge auf und bieten ihnen in unserem Land eine Überlebenschance. Angeschlagenen Wirtschaftssystemen bieten wir finanzielle Hilfen zum Schutz des großen Ganzen, des vereinten Europa. Ja, wir sind ein modernes Land mit einer modernen Staatsordnung, einer modernen Verwaltung und Regierung. Wir bauen Bahnhöfe behindertengerecht aus und sorgen dafür, dass es vor jedem Supermarkt ein bis zwei Parkplätze mit dem bekannten Rollstuhlsymbol gibt. Wir bieten behinderten Bürgern in öffentlichen Verkehrsmitteln einen besonderen Sitzplatz in der Nähe der Tür und erlassen Hilflosen, Blinden und Gehbehinderten die Kraftfahrzeugsteuer. Selbst bei der Vergabe von Arbeitsplätzen werden Schwerbehinderte bevorzugt behandelt (jedenfalls offiziell). Das muss doch reichen, oder?

Wo fängt Diskriminierung an?

Da tun wir doch genug! Und weil wir so human sind in Deutschland und so viel für unsere armen behinderten Mitmenschen tun, gibt es in diesem Land auch keine Diskriminierung. Sicher, der Eine oder Andere fühlt sich ja immer diskriminiert, aber in Wirklichkeit haben wir hier keinen Handlungsbedarf. So oder ähnlich könnte die Antwort eines Politikers aussehen, befragt nach der Situation schwerbehinderter Menschen in Deutschland und ob sie etwa unter Diskriminierung zu leiden hätten. Nein, Diskriminierung haben wir in unserem Land hier nicht mehr. In diesem Zuge sprechen wir neuerdings auch auch nicht mehr von „behindertengerecht“, sondern von „barrierefrei“. Hört sich doch gleich viel besser an, oder?

Diskriminierung fängt im Kopf an

Ja in der Tat! Es hört sich besser an. Es stellt nämlich nicht die Defizite des mit Einschränkungen lebenden Menschen zur Schau, sondern weist darauf hin, wo Hindernisse abgebaut wurden. Womit wir beim eigentlichen Thema wären. Diskriminierung fängt immer im Kopf an. Was wir über Behinderte denken, bestimmt das Gefühl, dass wir in ihrer Anwesenheit verspüren.Was wir über Behinderte Denken, bestimmt wie wir über sie reden, bestimmt wie wir mit ihnen umgehen. Als ich Kind war, schämten sich die Menschen noch ihrer behinderten Familienangehörigen und zeigten sich möglichst nicht in der Öffentlichkeit mit ihnen. Integrative Angebote? Fehlanzeige! Meistens wurden diese Menschen weggeschlossen, in Kinderzimmern, Heimen oder Anstalten.

Reicht das Erreichte?

Ja, in dieser Beziehung hat sich wirklich viel getan. Heute gilt es als fortschrittlich, körperlich behinderten Menschen einen Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen. Doch was ist mit den geistig Behinderten? Sind das nicht auch Menschen und haben nicht auch sie ein Recht auf Teilhabe an der Gesellschaft? Doch da wird es schon schwierig. Da haben wir immer noch die Heime und Anstalten. Schnell stoßen wir hier als Gesellschaft an unsere Grenzen. Hier sind wir noch ziemlich unterentwickelt. Hier würde sich ab und zu ein Blick über den Gartenzaun zu unseren niederländischen Nachbarn lohnen. Dort geht man bedeutend freigeistiger mit Menschen um, die einfach anders sind.

Das Unwort Psyche

Wenn es auch noch vieles zu verbessern gilt, so kommen wir als Gesellschaft mit körperlich und geistig behinderten Menschen relativ gut zurecht. Womit wir aber überhaupt nicht zurecht kommen, ist der Umstand, dass es auch seelische Behinderungen gibt. Nun hört sich der Begriff „seelisch krank“ auch noch irgendwie gesellschaftsfähig an, einfach weil das Wort „Seele“ eher positiv besetzt ist. Ein beseelter Mensch ist ein guter Mensch. Wir sprechen von der „guten Seele“, von Seelenfrieden und der Seele als das, was einen Menschen ausmacht, was wir an ihm lieben. Ganz anders sieht es aber aus, wenn ein anderes Wort benutzt wird – das Wort Psyche.

Angst einflößende Begriffe

Das Wort Psyche stammt aus dem Altgriechischen und ist gleichbedeutend für Seele. Frei übersetzt steht es für „Atem oder Hauch“, wurde aber im Altgriechischen eher ganzheitlich verwandt und zur Beschreibung der gesamten Person benutzt. Die Psyche eines Menschen verknüpfen wir nicht mit so positiven Gefühlen wie im Fall des Wortes Seele. Psyche erinnert eher an Krankheit, an gestört sein, an verrückt sein. Wir sprechen von Psychopathen und denken dabei an nichts gutes. Nein, die Psyche ist uns unheimlich, flößt uns Angst ein wie ein Psychothriller es tut. Leider ist aber, wenn es um seelische Leiden geht, eher der Begriff „psychisch krank“ im Gebrauch.

Psychisch Kranke sind eine Gefährdung

„Hallo mein Name ist Benno B. und ich bin psychisch krank. Ich interessiere mich für die von ihnen angebotene Wohnung.“ oder „Ich bin psychisch krank und schwerbehindert, da müsste ich doch eigentlich bevorzugt bei der Vergabe der von ihnen ausgeschriebenen Arbeitsstelle berücksichtigt werden, oder?“ Was glaubst du, wie wohl die Antworten auf diese beiden Fragen aussehen werden…? Nein, mit psychisch Kranken will niemand zu tun haben. Die sind suspekt! Wer weiß, was die alles anstellen, die merken doch nichts? Das sind doch die, die kleine Kinder anfallen und sich an hilflosen Frauen im Park vergehen.

In die Verbrecherecke schieben

Psychisch krank sind doch auch die, die Lust empfinden, während sie Menschen oder Tiere quälen und töten. Hitler war doch auch ein Psychopath oder? Und seine ganze verbrecherische skrupellose Gefolgschaft auch! Nein, mit Solchen wollen wir nichts zu tun haben. Hiervon distanzieren wir uns mit aller Deutlichkeit. Die gehören weggesperrt – Sicherheitsverwahrung – für immer. Ja, da gehören sie hin! Das Dumme daran ist, dass es tatsächlich Straftäter gibt, die psychisch krank sind und dass diese Menschen tatsächlich eine Gefahr für die Gesellschaft darstellen. Aber es gibt auch Straftäter, die eine braune Hautfarbe haben oder rote Haare, dennoch kommt niemand auf die Idee alle Farbigen oder Menschen mit roten Haaren in die Verbrecherecke zu schieben. Wie kommt das?

Medien fördern Diskriminierung

Als psychisch Kranker höre ich hin. Fast unbewusst nehme ich war, wenn eine Meldung im Radio endet wie etwa: „…der Straftäter wurde in eine Psychiatrische Anstalt verbracht“ oder „Nach Verbüßung seiner Haftstrafe wird er in einer geschlossenen Abteilung der Psychiatrie untergebracht.“ oder „Zum Schutz der Bevölkerung wurde er in ein Psychiatrisches Krankenhaus eingewiesen.“ Fast täglich höre ich solche Meldungen. Meldungen, die Angst und Schrecken verbreiten oder Gedanken erzeugen wie etwa: „Gut, dass es mich nicht erwischt hat!“, sind äußerst beliebt bei den Medien, bringen Auflage oder Einschaltquoten. Und mit der Zeit formt sich ein Bild in unser aller Bewusstsein von den gefährlichen, unberechenbaren, außer Kontrolle geratenen psychisch kranken Monstern, vor denen man die Gesellschaft schützen muss.

Psychisch krank heißt gefährlich

Es wird nicht mehr differenziert. Die Devise heißt: Psychisch krank = gefährlich! Ich unterstelle unseren Berichterstattern nicht, dass sie dies in böser Absicht tun. Ich glaube nicht, dass sie alle psychisch Kranken in einen Topf werfen wollen, sie diskriminieren wollen. Aber sie tun es, ungewollt, unbeabsichtigt und leider auch unreflektiert. Indem sie nämlich nur über Straftäter im Kontext psychisch Kranker berichten, tragen sie erheblich dazu bei, dass es so etwas gibt wie eine kollektive Angst vor den „Psychos“. Es zeigt sich hier dasselbe Phänomen wie bei der unterschwellig immer noch weit verbreiteten Ausländerfeindlichkeit. Die Ausländer im Allgemeinen werden vielfach als Bedrohung empfunden, aber Ali von nebenan ist ein Pfundskerl.

Abgrenzung von den Straftätern

Ich wünsche mir von unseren Medien eine etwas differenziertere Berichterstattung. Es wäre gut, wenn sie ihre Begrifflichkeit änderten. Es gibt eigene Wortschöpfungen für die Unterbringung von psychisch gestörten Straftätern, sie werden nur kaum verwendet. Die richtige Bezeichnung hierfür lautet nämlich „Maßregelvollzug“. Sicher, auch kein schönes Wort, aber es macht unser Verhältnis zu psychisch Kranken deutlich. Sie müssen gemaßregelt werden.  Früher hießen Gefängnisse Zuchthäuser, auf dass man ihnen Zucht und Ordnung beibringe.

Nicht alle psychisch Kranken sind Straftäter

Aber das soll jetzt hier nicht Thema sein. Ich wünsche mir also, dass in der Öffentlichkeit mehr das Wort „Maßregelvollzug“ verwandt wird, damit klar ist, dass das mit den übrigen psychisch Kranken, den Depressiven, den Psychotikern, den Phobikern, den Traumatisierten, den Zwangserkrankten und anderen nichts zu tun hat. Denn all diese Kranken sind Opfer anderer Menschen und Umstände geworden und gehören nicht in die Reihe psychisch kranker Straftäter. Ganz im Gegenteil – sie werden sogar häufiger Opfer von Straftaten.

Diskriminierung im Alltag

Die volltrunkene, herumpöbelnde Mutter, der manische Alte mit seiner bipolaren Störung, die schizophrene junge Frau in ihrem Wahn – psychisch Kranke sind in der Vorstellung vieler Menschen gefährliche Zeitgenossen, vor denen man sich in Acht nehmen muss. Aber ist das wirklich so? In Wahrheit sieht es ganz anders aus. Menschen mit psychischen Störungen tragen selbst ein erhebliches Risiko, dass ihnen Gewalt angetan wird. Im Vergleich zu Gesunden fallen sie fünfmal so häufig einem Mord zum Opfer, wie eine Studie aus Schweden besagt. Quelle: sueddeutsche.de

Psychos eben

In den Köpfen der Menschen scheinen psychisch Kranke irgendwie tatsächlich alle suspekt zu sein. Während der Nazizeit hat man sie sogar systematisch vernichtet und vermutlich hatte da auch kaum jemand etwas dagegen. Selbst unsere Kirchen haben lieber weg gesehen. Heute ist das, Gott lob, nicht mehr so. Aber psychisch Kranke werden allgemeinhin noch immer als Bedrohung angesehen. Psychisch krank heißt psychisch krank! Das Gefühl differenziert nicht zwischen einem Psychopathen und einem Soziopathen, einem Suchtkranken oder Pädophilen. Alle werde in psychiatrischen Kliniken behandelt, ergo sind alle irgendwie gleich krank – Psychos eben.

Gründe für Diskriminierung

Manche Krankheitsbilder erfordern medikamentöse Behandlungen, die erhebliche Nebenwirkungen mit sich bringen. Mitunter wird durch Psychopharmaka  die Motorik der Betroffenen so sehr gestört, dass sie wie Zombies durch die Gegend laufen und ihnen der Sabber aus dem Mund tropft. Außenstehende wissen nicht, dass diese Menschen selbst am meisten darunter leiden, dass es sich hier um schwere Nebenwirkungen handelt. Außenstehende sehen und urteilen, ohne zu wissen. Ich verstehe, das solche Anblicke schockieren. Das wohnt uns Menschen inne. Uns fällt sofort auf, wenn etwas anders ist. Und alles, was fremdartig wirkt, macht uns zunächst einmal Angst. Was wir dabei nicht berücksichtigen ist, dass die meisten Behinderungen, erst im Laufe des Lebens erworben werden, will sagen, es kann jeden treffen: dich, deinen Partner, dein Kind … Spätestens dann denkst du um.

Diskriminierung von Behinderten

Menschen mit Behinderungen werden angeglotzt. Das war schon immer so. Früher vielleicht noch mehr als heute. Gerade Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen wagten sich kaum in die Öffentlichkeit. Es ist dem Einsatz einzelner Personen zu verdanken, dass sich die Wahrnehmung, zumindest körperlich Behinderter, hier im Laufe der Zeit positiv verändert hat. In der Bundesrepublik Deutschland wird allerhand dafür getan, Vorurteile abzubauen und ein normales Miteinander von Behinderten und Nichtbehinderten zu ermöglichen. Worte wie Integration und Barrierefreiheit sind keine Fremdworte mehr und das ist auch gut so. Es bedurfte jedoch einiges an Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit und einer Menge Zeit, bis sich hier in den Köpfen unserer Zeitgenossen etwas veränderte. Das Ziel ist jedoch immer noch nicht erreicht. Erst, wenn es „normal“ ist „nicht normal“ zu sein, haben wir ein wirkliches Miteinander. Behinderte wollen nicht geduldet sein, sie wollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten ein ganz normales Leben führen, so wie jeder andere auch.

Diskriminierung psychisch Kranker besonders ausgeprägt

Leider sieht die Bilanz bei Psychisch Kranken nicht so positiv aus. Viele kennen nicht einmal den Unterschied zwischen psychisch und geistig Kranken. Niemand will sie haben, niemand will sie hören, niemand will sie sehen. Psychisch Kranke machen Angst. Am besten, man sperrt sie weg – für immer! Hier gibt es noch viel zu tun. Es braucht Aufklärung und es braucht vor allem Integration. Das fängt in den Krankenhäusern an. In psychiatrischen Kliniken findet sich kein „normaler“ Kranker. Menschen mit seelischer Behinderung sind draußen. Man schämt sich ihrer, habe ich oft den Eindruck. Sie gelten als wenig belastbar und werden deshalb aus dem Arbeitsprozess hinaus befördert. Das ist schade, denn mit ihnen gehen auch ihre Stärken.

Zu wenig alternative Arbeitsplätze

Wer als psychisch Kranker unbedingt arbeiten will, hat die Möglichkeit, für 100 € Taschengeld im Monat in einer Behindertenwerkstatt einfache Arbeiten zu verrichten. Es ist sicher gut, dass es solche Einrichtungen gibt, aber zwischen dem ersten Arbeitsmarkt und solchen Angeboten gibt es sonst nichts. Und das wiederum ist zu wenig! Hier liegt auch der Grund, weshalb die meisten Frühverrentungen inzwischen auf das Konto psychisch Kranker gehen. Depressionen stehen dabei mit an erster Stelle. Nicht weil sie nicht mehr arbeiten können, sondern weil sie nicht mehr so viel arbeiten können und vor allen Dingen wollen. Sie haben ihre Grenze erkannt. Damit haben sie ihren werktätigen Zeitgenossen eigentlich etwas Entscheidendes voraus.

Sich über Leistung definieren

Viele Menschen meinen noch immer, sich über Leistung definieren zu müssen. Unser ganzes Wirtschaftssystem ist so aufgebaut und nicht zuletzt trägt dieses Konstrukt auch mit dazu bei, dass wir Menschen an unserer Seele erkranken. Depressionen sind leider auch ein Ergebnis unserer gesellschaftlichen Entwicklung. Fordern ist gut, aber überfordern ist ungesund. Stress ist gut, aber Dauerstress ist gefährlich. Wie überall macht auch hier die Dosis das Gift.

Nicht nur Diskriminierung fängt im Kopf an

Es wird Zeit, dass wir umdenken. Eine neue Gesinnung muss her. Veränderung fängt immer im Kopf an. Wenn wir begriffen haben, dass wir unter Bedingungen arbeiten, die uns gesundheitlich schaden, dann können wir auch etwas dagegen tun. Wenn eines Tages genügend Menschen dieser Ansicht sind, kann sich auch gesellschaftlich etwas ändern. Meine Generation wird das nicht mehr erleben. Aber solange es mich gibt, werde ich mit der Geschichte meiner Depressionen meinen Kindern und irgendwann auch meinen Enkeln Zeugnis und Mahnung dafür sein, dass sie letztlich selbst für ihr Leben verantwortlich sind. Dass sie ein Recht darauf haben, so zu leben, wie es ihnen gut tut und dass es nicht immer förderlich ist, sich dem Diktat der Zeit zu beugen.

Diskriminierung verstärkt Depression

Nach Informationen des Ärzteblattes leiden viele Patienten mit Depressionen auch unter Stigmatisierung und Diskriminierung durch ihre Mitmenschen. Nicht selten halte sie die  Angst vor einer Benachteiligung davon ab, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wie aus einer europaweiten Studie im Lancet (2012; doi: 10.1016/S0­140-6736­(12)61379-8) hervorgeht. Für die Studie wurden im Jahr 2010 Patienten mit Major-Depression in 18 europäischen Ländern und 35 nichteuropäischen Ländern befragt. Die Ergebnisse zeigten deutlich, dass es sich um ein häufiges Problem handelt: Mehr als zwei Drittel der Patienten hätten Stigmatisierung und Diskriminierung in der einen oder anderen Form erfahren. Mehr als ein Drittel berichtete, dass sie von anderen Menschen aufgrund ihrer Depressionen gemieden würden. Mehr als ein Drittel wurde durch die ständigen Zurücksetzungen davon abgehalten, enge persönliche Beziehungen mit anderen Menschen einzugehen. Ein Viertel bekannte, dass sie die Diskriminierung schon davon abgehalten hätte, sich um einen Arbeitsplatz zu bewerben.

Fehl- und Vorurteile bei psychischen Erkrankungen

Dies erhöhe nach Ansicht der Autoren auch die Barrieren, professionelle Hilfe anzunehmen. Es sei deshalb möglich, dass die Zahl der Menschen mit Depressionen in der Gesellschaft noch höher ist als derzeit angenommen. Hinzu komme, dass das Doppelleben die Patienten einem zusätzlichen Stress aussetze, der sie tiefer in die Depression fallen lasse, meint der Leiter der Studie Antonio  Lasalvia von der Universität Verona. Als ich selbst noch nicht depressiv war, habe ich auch so gedacht und empfunden wie die meisten Menschen. Depressive waren entweder Versager für mich oder sie hatten ihre Rechnung bekommen für ihr unehrliches und unaufrichtiges Leben. Was für ein Quatsch! Ich kenne also beide Seiten der Medaille.

Wer kann etwas gegen das Stigma ausrichten?

Ich glaube, es ist insbesondere unsere Aufgabe, die Aufgabe aller an Depression Erkrankten, dieses Thema von der Stigmatisierung los zu lösen. Wer, außer den Betroffenen selbst kann wirklich etwas Substanzielles zu dieser Thematik beitragen? Und darum ist es wichtig, dass wir selbst möglichst offen mit unserer Erkrankung umgehen. Geheimnisse machen misstrauisch und dazu besteht hier wirklich kein Grund. Es ist eine Krankheit wie jede andere und sie kann jeden treffen. Wenn wir wollen, dass wir mit unseren Depressionen als normaler Teil der Gesellschaft akzeptiert werden, dann müssen wir selbst zunächst unsere Depression akzeptieren und auch dazu stehen. Und mal ehrlich: Zu verbergen ist die Depression vor der Gesellschaft ohnehin nicht. Wenn wir die Depression wirklich vor jemandem erfolgreich verbergen können, dann doch nur vor uns selbst, oder?

Quellen zu Diskriminierung und Stigmatisierung Psychisch Kranker
Wikipedia,   Foto: clipdealer.de

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