Antidepressiva bei Depression – Wirkung und Nebenwirkungen

Antidepressiva bei Depression

Antidepressiva sind gängige Psychopharmaka zur Behandlung von Depressionen

Die Ärzte raten dazu, die Pharmaindustrie verdient daran, aber was hat es mit den Antidepressiva wirklich auf sich? So richtig erforscht scheint das Thema der Antidepressiva ja wohl noch nicht zu sein. Da wird zum Beispiel ein Medikament gegen Diabetes entwickelt und ganz zufällig stellt sich heraus, dass es auch gegen Depressionen hilft. Im Bereich der Antidepressiva sind mir schon öfter Medikamente begegnet, die eigentlich für eine andere Indikation entwickelt worden sind. Das Angebot an Psychopharmaka ist inzwischen recht groß. Es gibt nicht das eine Medikament, dass dir bei deinen Depressionen hilft. Oftmals ist es ein langer Prozess, bis sich das richtige Präparat findet. Aber erwiesenermaßen verbessern Antidepressiva bei vielen Patienten, richtig angewandt, das Allgemeinbefinden erheblich. Antidepressiva sind zwar nicht in der Lage, eine Depression zu heilen, aber sie können sie um einiges erträglicher machen.


Was sind Antidepressiva?

Antidepressiva sind Medikamente, die ins zentrale Nervensystem eingreifen und so die Wahrnehmung, das Fühlen, das Denken sowie die Merkfähigkeit verändern. Die Wirksamkeit von Psychopharmaka ist wissenschaftlich nachgewiesen. Sie muss aber dennoch im Einzelfall vom behandelnden Arzt überprüft werden. Nicht jedes Medikament wirkt nämlich bei jedem Menschen gleich gut. Zur Gruppe der Psychopharmaka gehören hauptsächlich Neuroleptika, Antidepressiva und Tranquilizer. Die meisten Psychopharmaka beeinflussen die Fahrtüchtigkeit, denn sie verlängern die Reaktionszeiten und verändern die Wahrnehmung und deshalb auch die Gefahrenwahrnehmung. Wenn mit der Medikamenteneinnahme begonnen wird, sollte zunächst auf das Führen von Kraftfahrzeugen verzichtet werden. Nach längerer Einnahme von Psychoharmaka halte ich, selbstverständlich erst nach Rücksprache mit dem Arzt, die Rückkehr ans Steuer aber durchaus für realistisch.

Neuroleptika

Neuroleptika gehören in die Gruppe der Psychopharmaka und sind antipsychotisch wirkende Arzneimittel. Sie werden hauptsächlich zur Behandlung von Psychosen mit Wahn und Halluzinationen sowie bei schweren Störungen des Denkens und des Erlebens eingesetzt. Der Begriff >Neuroleptika ist jedoch nicht mehr gebräuchlich. Man spricht in diesem Zusammenhang heute von Antipsychotika. Antipsychotika machen ähnlich wie Antidepressiva den Kranken für die Psychotherapie zugänglicher und wirken beruhigend und sedierend. Auch wenn sich dieses Vorurteil hartnäckig hält, Antipsychotika machen auch bei sehr langer Einnahmedauer nicht abhängig. Allerdings haben sie teilweise starke Nebenwirkungen. So wird mitunter die menschliche Motorik erheblich beeinflusst, so dass der Patient mitunter den Eindruck eines körperlich Behinderten erweckt. Auch kommen Antipsychotika zur Ruhigstellung akut verwirrter Patienten und bei der Behandlung von wahnhaften Depressionen zum Einsatz.

Gängige Präparate sind z.B. Atosil, Eunerpan, Imap, Neurocil, Taxilan, Truxal, Fluanxol, Decentan, Haldol, Abilify, Leponex, Risperdal, Seroquel, Solian, Zeldox und Zyprexa. Oftmals ist die Gabe von Antipsychotika auch als Depotmedikation möglich. Hierbei wird die Substanz in das Muskelgewebe des Patienten injiziert und gibt dann bis zu vier Wochen kontinuierlich den Wirkstoff in die Blutbahn ab. Das wird bevorzugt bei Patienten angewendet, bei denen eine regelmäßige Einnahme der Medikamente nicht gewährleistet ist. Nebenwirkungen sind Schläfrigkeit, Unruhe, Muskelzucken, Schwindel, Durst und Mundtrockenheit. Auch eine Gewichtszunahme von zehn oder mehr Kilogramm ist nicht selten. Sie beruht darauf, dass Neuroleptika den Grundstoffwechsel, aber nicht den Appetit senken.

Antidepressiva

Der Name verrät es schon, Antidepressiva sind Psychopharmaka, die gegen Depressionen wirken sollen. Antidepressiva wirken stimmungsaufhellend und angstlösend. Dabei gibt es Antidepressiva, die eher eine beruhigende Wirkung haben und auch Antidepressiva, die antriebssteigernd sind. Eigentlich ist es bei Depressionen gut, den Antrieb zu steigern. Ist der depressive Patient aber zudem noch suizidal, könnte eine Antriebssteigerung das Selbsttötungsrisiko noch weiter erhöhen und man wird in so einem Fall ein Medikament mit antriebssteigernder Wirkung vermeiden. Antidepressiva werden nicht nur zur Behandlung von Depressionen verwendet, sondern finden auch bei Angsterkrankungen und Zwangsstörungen Verwendung. Antidepressiva werden nach ihrer Wirkstoffstruktur in drei Gruppen eingeteilt: trizyklische Antidepressiva, SSRIs und MAO-Hemmer.

Tri- und tetrazyklische Antidepressiva

Tri- und tetrazyklische Antidepressiva verbessern das Gleichgewicht zwischen den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin im Gehirn. Sie entfalten ihre Wirkung aber erst nach mehreren Wochen. Deshalb können Arzt und Patient erst nach etwa 4-6 Wochen feststellen, ob Medikament und Dosierung helfen oder ob sie auf ein anderes Medikament umstellen müssen. Bekannte Namen sind u.a. Amineurin, Aponal, Stangyl, Remergil, Pertofran, Nortrilen, Anafranil, Insidon, Ludiomil und Tofranil.

Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer

SSRIs (Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) sind häufig verordnete Psychopharmaka bei Depressionen. Sie bewirken, dass Serotonin sich langsamer abbaut. Serotonin ist für die Grundstimmung eines Menschen verantwortlich. Ist der Serotoninspiegel im Gehirn zu gering, stellen sich depressive Symptome ein. Durch SSRIs soll eine stimmungsaufhellende, aktivierende und angstlösende Wirkung erzielt werden. Diese Antidepressiva sind oft besser verträglich als zum Beispiel trizyklische Antidepressiva, und wurden deshalb bislang bei Depressionen und Angststörungen als das Medikament der ersten Wahl verordnet. Allerdings sieht man aufgrund der schwächeren antidepressiven Wirkung der Einsatz dieser Mittel in neueren Untersuchungen kritischer als früher. Deshalb gilt es inzwischen als umstritten, ob die Verordnung von SSRI medizinisch gesehen überhaupt gerechtfertigt ist.

Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer

Die Wirksamkeit der beiden SNRIs (Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer) Venlafaxin und Duboxetin hingegen ist inzwischen gesichert. Sie haben jedoch etwas mehr Nebenwirkungen als SSRIs, die nur auf Serotonin wirken. Handelsnamen von SSRIs sind u.a. Citalopram, Cipramil, Cipralex, Fevarin,  Luvox, Fluctin, Prozac, Seroxat, Zoloft, Trevilor, Cymbalta und Xeristar.

MAO-Hemmer

MAO-Hemmer (Monoaminooxidase-Hemmer) funktionieren indirekt. Die Monoaminooxidase ist ein Enzym, das bestimmte Botenstoffe im Gehirn (Noradrenalin, Serotonin) abbaut. Wird dieser Abbau nun durch sogenannte MAO-Hemmer behindert, steigt die Konzentration der Botenstoffe im Gehirn. Die Folge: Die Stimmung hellt sich auf, der Antrieb verbessert sich. Das sind beides wünschenswerte Reaktionen bei einer Depression. MAO-Hemmer werden sehr selten eingesetzt und finden nur dann Verwendung, wenn andere Antidepressiva nicht wirken. In Deutschland ist deshalb eigentlich auch nur ein Medikament gebräuchlich, das mit dem Wirkstoff Moclobemid unter dem Handelsnamen Aurorix erhältlich ist.

Tranquilizer

Tranquilizer sind landläufig als Beruhigungsmittel bekannt. Auch sie gehören in die Klasse der Psychopharmaka. Es sind Arzneimittel, die angstlösend und beruhigend, schlaffördernd und muskelentspannend wirken. Alle Tranquilizer machen fahruntüchtig.

Benzodiazepine

Benzodiazepine sind im Bereich der Psychopharmaka die am häufigsten verordneten Beruhigungsmittel, finden aber wegen ihrer entspannenden und sedierenden Wirkung ebenso als Schlafmittel Verwendung. Sie stoppen die Informationsübertragung in bestimmten Gehirnregionen. Deshalb werden sie auch kurzfristig zur Behandlung von Angsterkrankungen, z. B. bei psychotischen Schüben oder schweren Depressionen verwendet. Sie wirken beruhigend, dämpfend und schlaffördernd. Benzodiazepine wirken rasch und werden gut vertragen.  Ärzte schätzen zudem ihre Sicherheit – selbst durch Überdosierung ist Selbstmord schwer möglich, da es ein wirksames Antidot (Gegenmittel) gibt, das zudem sehr rasch wirkt. Leider machen sie abhängig und sollten deshalb aauch bei Depressionen nicht über längere Zeit eingenommen werden. Folgende Medikamente werden verordnet: Halcion, Lendormin, Adumbran, Lexotanil, Remestan, Tavor, Demetrin, Valium, Imeson, Librium, Rohypnol.

Antidepressiva – Wirksamkeit und Nebenwirkungen

Ich selbst nehme täglich Opipramol gegen Angst und Xeristar gegen Depressionen ein. Dieser Medikation folge ich nunmehr seit etwa zwei Jahren. Vorher habe ich einige andere Antidepressiva eingenommen, es stellte sich aber entweder nicht der gewünschte Erfolg ein oder die Nachteile der Nebenwirkungen hoben den Vorteil der Stimmungsaufhellung wieder auf. Ich erinnere mich zum Beispiel, dass ich von meinem ersten Antidepressivum namens Remergil fast zum Dauerschläfer wurde. Ich hatte deshalb versucht, meine Dosis von 60 mg zu reduzieren, um wieder etwas aktiver sein zu können. Es stellte sich aber heraus, dass die Nebenwirkungen auch bei 15 mg noch dieselben waren, nur die stimmungsaufhellende Wirkung ging völlig verloren.

Dann folgten andere Psychopharmaka im Zuge der Behandlung meiner Depression, Medikamente wie Solvex, Paroxetin und auch Tavor. Sie wirkten allerdings allesamt entweder gar nicht oder nicht wie erwünscht. Mit meiner heutigen medikamentösen Einstellung bin ich einigermaßen zufrieden, wünschte mir aber manchmal noch etwas mehr Antrieb. Antidepressiva helfen zwar, die dunklen Schleier der Depression wegzuschieben, aber sie dämpfen auch. Seit ich sie einnehme, fahre ich Auto wie ein Achzigjähriger. Neben meinen Bewegungen sind meine Reaktionen vermutlich ebenfalls gedämpft, was ich aber automatisch durch eine geringere Geschwindigkeit ausgleiche.

Antidepressiva beeinträchtigen Fahrtauglichkeit

Ich vermeide Fahrten auf belebten Strecken und zu Stoßzeiten. In einen Unfall war ich seit Einnahme meiner Antidepressiva jedoch noch nicht verwickelt. Das Deutsche Ärzteblatt veröffentlichte hierzu vor kurzem einen Artikel. Demnach setze die Einnahme vieler Psychopharmaka die Verkehrs­tüchtigkeit herab. Betroffen seien nach einer Studie im British Journal of Clinical Pharmacology neben den klassischen Benzodiazepinen auch Antidepressiva sowie Schlaf- und Beruhigungsmittel.

Der Epidemiologe Hui-Ju Tsai vom National Health Research Institutes in Zhunan, Taiwan, hat die Arzneimittelverordnungen von gut 5000 Erwachsenen, die wegen eines Verkehrsunfalls medizinisch versorgt wurden, mit der sechsfachen Anzahl von nicht verunglückten Personen verglichen. Diese Untersuchung erlaube zwar keine Zuordnung der Unfallursache, eine häufigere Verordnung von Psychopharmaka  zeige aber ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko auch im Bereich der Depression an. Tsai konnte es sowohl für die klassischen Benzodiazepine nachweisen, für die eine erhöhte Gefährdung lange bekannt ist, als auch für trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), bei denen der Zusammenhang bislang nicht so klar war.

Den kompletten Originalartikel zum Thema Antidepressiva findest du hier: Deutsches Ärzteblatt

Antidepressiva unterstützen Psychotherapie

Oftmals ist es so, dass eine psychotherapeutische Behandlung schwerer Depressionen erst durch die Einnahme von Psychopharmaka ermöglicht wird. Patienten in Krisensituationen sind nämlich meist überhaupt nicht therapiefähig. Die Psychotherapie einer Depression setzt eine gewisse emotionale Stabilität voraus, die durch die Gabe von Psychopharmaka zumeist erreicht wird. Deshalb raten Ärzte auch überwiegend dazu, eine Psychotherapie der Depression mit einer medikamentösen Therapie zu kombinieren. Psychopharmaka allein sind nicht in der Lage, den Menschen zu verändern, aber sie helfen mit, ein Gelingen der Psychotherapie wahrscheinlicher zu machen.

Eine Auflistung weiterer gebräuchlicher Antidepressiva findest du hier: Liste Antidepresssiva

Quellen zu Antidepressiva bei Depression
Deutsches Ärzteblatt   Foto: I-vista  / pixelio.de

Psychopharmaka bei Depression