Wie soll ich sein?

wie soll ich sein

Ich fragte mich wirklich sehr lange: Wie soll ich sein? Wie wäre ich wohl richtig? Bis es mir irgendwann dann doch dämmerte. Eines Tages hatte ich tatsächlich eine lebensverändernde Erkenntnis: Ich darf tatsächlich sein wie ich will. Ich darf sein, wie ich bin. Nicht die Gesellschaft, meine Eltern, Großeltern, meine Lehrer und Erzieher, nicht die Kirche, nicht die Nachbarn und nicht meine Ehefrau haben das zu bestimmen. Es geht einzig und allein darum, der Mensch zu werden, zu dem ich durch mein Innerstes bestimmt bin…


Ich bin nie genug

Ein Leben lang habe ich versucht, alle möglichen gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Normen zu erfüllen und habe es doch nie geschafft. Es gab zu jeder Zeit jemanden, der unzufrieden schien damit, wie ich war. Irgendwie war ich nie gut genug. Es gab immer Anlass zu Kritik, immer! Nun ist ja Kritik an sich nichts schlechtes, wenn aber das Selbstwertgefühl nur aus den spärlichen Anerkennungsbekundungen anderer Menschen besteht, dann kann es infolge Kritik rasch zusammenbrechen. Wie kann ich jemand sein wollen, der ich gar nicht bin? Wie kann ich es schaffen, ein Mensch zu sein, der die Erwartungen anderer erfüllt? Die Antwort ist: Das schafft niemand und es ist auch die falsche Frage. Die Wünsche der Menschen ändern sich ständig und so ändern sich auch ihre Erwartungen an mich. Heute ist es so und morgen ist es anders.

Zu viele Erwartungen

Verschiedene Menschen haben zudem verschiedene Erwartungen an mich aber ich bin nicht die Projektion all dieser Erwartungen. Ich bin Benno Blues, ein Mensch aus Fleisch und Blut. Gott hat mir dieses, mein Leben geschenkt. Er hat gewollt, dass ich so bin, wie ich bin. Leider konnte ich dieses Geschenk nicht annehmen. Ich wollte immer jemand anderes sein. Ich wollte ein Mensch sein, der gemocht wird. Meine Mutter starb sehr früh und mein Vater war mehr mit sich selbst beschäftigt, so dass mir die Anerkennung und Zuwendung fehlte, die ein kleiner Bub braucht, um ein selbstbewusster Mann zu werden. Stattdessen suchte ich draußen in der Welt danach, bei meinen Nachbarn, Freunden, Kollegen, in der Kirchengemeinde … Aber was bedeutete ich denen schon? Es ging ihnen im Grunde auch nur um sich selbst.

Ich spielte viele Rollen

Mein Leben lang spielte ich also all diese Rollen, wie von mir erwartet und mit der Zeit verlor ich völlig den Kontakt zu mir selbst. Ich glich irgendwann tatsächlich dieser Projektion aller Erwartungen an mich – es war eher ein virtuelles Dasein, das ich führte. Ich mühte mich ständig, alles richtig zu machen. 100% waren mein Minimum. Es war ein Lauf im Hamsterrad. Das konnte nicht ewig gut gehen. Irgendwann kam dann der Zusammenbruch, der Burnout. Man kann nicht auf Dauer gegen seine Natur leben. Da kostet etwas, in meinem Fall die seelische Gesundheit.

Heute suche ich nach meinem eigentlichen ICH. Ob da noch etwas ist? Ob es irgendwo abgekapselt noch in mir schlummert und darauf wartet, von mir entdeckt zu werden? Oder ist es weg gegangen, weil ich es nicht haben wollte, weil niemand es haben wollte? Entweder hat es sich gut versteckt, oder ich bin mit den Jahren blind geworden für mich selbst. Ich finde nur wenig und es ist sehr mühsam, überhaupt etwas zu entdecken.

Eine lohnende Suche

Aber ich gebe nicht auf. Ich werde weiter nach mir suchen. Manches gefällt mir anfangs nicht, was ich da finde, aber mit der Zeit kann ich es annehmen. Irgendwann später bin ich dann sogar stolz darauf. Das ist der Weg! Mein Weg. Nicht ich muss mich an den Erwartungen der Gesellschaft orientieren. Nicht ich muss so sein, wie andere mich haben wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Erwartungen müssen sich an mir orientieren, an meinen Möglichkeiten und an meiner Bereitschaft zu geben. Ich bin das Geschöpf – die Erwartungen sind nur Gedanken, Fiktion, sind im Grunde nur Schall und Rauch. Ich bin ich und das ist auch gut so.

Auch wenn es jetzt, da ich über fünfzig bin, etwas komisch anmutet, auf der Suche nach mir selbst zu sein. Wenn es gut geht, habe ich noch 30 – 40 Jahre zu leben und dafür lohnt sich der Aufwand. Ich möchte authentisch sein. Wenn auch spät, aber ich möchte das Geschenk meiner selbst jetzt annehmen. Inzwischen bin ich dazu bereit…

Quellen zu „Wie soll ich sein?“
Foto zu „Wie soll ich sein?“: Danielle / pixelio.de

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