Rente wegen Depressionen abgelehnt – Ein Erfahrungsbericht von Inda

Rente wegen Depressionen abgelehnt

Etwa jeder zweite Rentenantrag wird abgelehnt

Wer unter Depressionen leidet, kann ein Lied davon singen, sich unverstanden zu fühlen. Ganz besonders wird dies deutlich, wenn man mit scheinbar letzter Kraft einen Rentenantrag gestellt hat, in der Hoffnung dann endlich zur Ruhe kommen zu können. Und dann passiert der Supergau: Rente wegen Depressionen abgelehnt! Da zieht es einem buchstäblich den ohnehin nur wenig vorhandenen Boden unter den Füßen weg. Da weiß man nicht mehr weiter. So ergangen ist es auch Inda aus Berlin. Inda hat viel durchmachen müssen und weiß nun nicht mehr weiter. Inda schreibt hierzu…


Indas Brief an Benno Blues

Hallo Benno Blues,

ich war schon oft auf deiner Seite. Es tat gut zu lesen, dass es Anderen auch so geht. Jetzt brauche ich aber auch deine Hilfe. Ich heiße Inda, bin 52 Jahre alt und lebe in Berlin. Ich bin seit 1994 geschieden, habe eine Ehehölle hinter mir und meine Tochter allein ohne Unterhalt großgezogen. Viele Jahre habe ich im Öffentlichen Dienst gearbeitet, zuletzt zweimal befristet und wurde trotz vollem Einsatz nicht übernommen. Dort wurde ich sehr schikaniert und gemobbt.  Seit Jahren lebe ich mit Schmerzen und Depressionen. Diagnostiziert sind bei mir Migräne (seit 1991), Fibromyalgie, Depression und Angstzustände. Meine rechte Hand schmerzt seit 2004 und ist geschwollen. Der linke Fuß hatte 2016 einen Ermüdungsbruch und schmerzt sehr beim Laufen, auch durch Hallux Valgus.

Nach meiner letzten Befristung im Juli 2016 schrieb ich ca. 60 Bewerbungen, hatte auch 12 Vorstellungsgespräche. Keiner hat mich genommen. Da habe ich endgültig erkannt, dass ich nicht mehr arbeiten kann. Ständige Schmerzen und keine Hoffnung mehr. Seitdem ist alles nur noch schwarz für mich und ein Leben ohne Freude. Ärzte und Gutachter wissen, dass ich nur noch für meine Familie durchhalte.  Im November 2016 habe ich versucht, mich mit ca. 80 Tbl. Amitriptylin umzubringen. Meine Tochter hat mich gefunden und ich war 3 Tage im Krankenhaus.

Mein Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 18.04.2017 wurde jetzt abgelehnt. Ich bin seit 08.05.2017 durchgehend arbeitsunfähig und habe einen GdB von 30 %. Ich werde Widerspruch einlegen, meine Psychiaterin schreibt auch eine Stellungnahme. Was kann ich noch tun? Ich habe keine Kraft mehr, immer nur Angst, grübel immer und kann nicht schlafen. All das habe ich immer ehrlicherweise angegeben und um Hilfe gebeten. Aber keiner hilft.

Liebe Grüße Inda

Antwort zu „Rente wegen Depressionen abgelehnt“

Liebe Inda,

Kürzlich wurde deine Rente wegen Depressionen abgelehnt. Was dein Rentenbegehren angeht, sind deine Erwartungen nun vermutlich ziemlich gedämpft. Die Erfahrung lehrt leider, dass dies auch berechtigt ist. Es ist nicht einfach, wegen einer Depression Rentner zu werden, aber eben auch nicht unmöglich. Mein erster Gutachter war damals auch der Überzeugung, dass allein eine Kur es schon richten würde und ich durchaus arbeitsfähig sei. Und weißt du was? Ich wäre es so gerne gewesen! Aber ich war es nicht. Und so ließ ich mich eher gezwungenermaßen darauf ein.

Ich versuchte es erneut, bis ich wieder nicht mehr konnte. Es gab viele Krankschreibungen, insgesamt 78 Wochen wegen ein und derselben Diagnose. Es gab Klinikaufenthalte, wochenlang, monatelang und zwei Wiedereingliederungsversuche. Nein, einfach war es so gesehen nicht, aber eben auch nicht unmöglich. Ich möchte dir Mut machen. Wenn du nicht arbeiten kannst, wird am Ende genau diese Wahrheit übrig bleiben. Möglicherweise wird der Weg anstrengend sein bis dahin. Aber was ist nicht anstrengend, wenn  man depressiv ist? Das pure Dasein geht ja schon an die Grenzen des Machbaren. Dass deine Rente abgelehnt wurde, macht das Ganze nun nicht gerade einfacher.

Unser Sozialsystem

Du möchtest etwas von unserem Sozialsystem haben? Dann wirst du dich wohl oder übel seinen Regeln anpassen müssen. (Mir wird fast übel, wenn ich das schreibe.) Ich weiß, dass es furchtbar anstrengend ist und du eigentlich die Kraft hierfür nicht mehr fühlen kannst. Aber ich sehe keinen anderen Weg. Im Vordergrund aller Bemühungen der Deutschen Rentenversicherung steht die Rehabilitation. Man will deine Leistungsfähigkeit möglichst rasch wieder herstellen. Einmal davon abgesehen, dass dies rasch wohl nicht gehen kann, halte ich dies tatsächlich für das Beste. Es muss also, wenn es um die Bewilligung deiner Erwerbsminderungsrente geht, erkennbar sein, dass alle Versuche zur Wiederherstellung misslangen und auch weitere Versuche keinen Erfolg in Aussicht stellen.

Ich empfehle dir in diesem Zusammenhang unbedingt auch eine stationäre Therapie mit Anschlussbehandlung durch einen niedergelassenen Therapeuten. Du solltest hierbei eher in Jahren denken, was den Erfolg einer Psychotherapie anbetrifft. Um die ambulante Therapie solltest du dich jetzt schon kümmern. Eine stationäre Therapie bekommt man leichter. Die könntest du dann terminlich davor legen.

Widerspruch zum Rentenbescheid

In den Widerspruch zum Rentenbescheid zu gehen, finde ich richtig, wenn du diesen Widerspruch auch in dir fühlst. Gut wäre es, wenn du dir hierfür Unterstützung bei einem Sozialverband (VdK oder SoVD) organisieren könntest. Gut wäre es auch, wenn du herausfinden würdest, weshalb deine Rente wegen Depressionen abgelehnt wurde. Gibt es dazu Hinweise im Bescheid? Möglicherweise sind ja nicht alle zur Verfügung stehenden Informationen zur Beschlussfassung berücksichtigt worden?

Manchmal klappt es nicht mit der Übersendung von Befunden und Gutachten für die Rentenversicherung. Sie können ja ihre Entscheidung auch nur auf Basis vorliegender Informationen treffen. Um das zu überprüfen hast du die Möglichkeit, die der Rentenentscheidung zugrunde liegenden Befunde und Gutachten einzusehen. Du kannst sie hierfür formlos von der Rentenkasse anfordern. Sollten nicht alle theoretisch zur Verfügung stehenden Informationen in die Rentenentscheidung eingeflossen sein, wäre dies ein gutes Argument für einen Widerspruch, denke ich. Dass deine Rente wegen Depressionen abgelehnt wurde, heißt noch nicht, dass du nicht am Ende eine Rente bekommen kannst.

Sachverhalte aktenkundig machen

Und sollte es noch nicht genügend aktenkundliche Belege dafür geben, dass es besser ist, eine Erwerbsminderungsrente für dich zu genehmigen, dann kannst du hierfür auch jetzt noch sorgen. Das soll heißen: Gehe zum Arzt, wenn es dir schlecht geht! Rufe den Notarzt, wenn du dich am Ende fühlst! Schrecke nicht zurück vor einer Psychiatrischen Akutstation! Kümmere dich um Therapeuten und Therapien! Und wenn all deine Bemühungen nicht zu einer Wiederherstellung deiner Arbeitskraft führen, dann stelle erneut einen Rentenantrag! Üblicherweise wird die Rente zumeist auch erst nach Aussteuerung durch die Krankenkassen gewährt, damit meine ich die 78 Wochen, von denen weiter oben im Text die Rede ist. Hab also Mut, Inda, und bleibe dran, so gut es geht! Ich wünsche dir alles Gute für deine Genesung und deinen weiteren Weg!

Und wenn du magst, lass uns hier gern wissen, wie deine Geschichte weiter geht!

Liebe Grüße Benno


Möchtest auch du einen Leserbrief unter das Motto „Leser fragen nach“ stellen, dann schicke deine ausführliche Anfrage per Mail an [email protected]! Verwende hierfür bitte das Stichwort „Leser fragen nach„. Der Autor wird sich dann infolge mit dir in Verbindung setzen. Mehr Tipps zum Thema Rente findest du hier: Voraussetzungen Erwerbsminderungsrente wegen psychischer Krankheit.

Quellen zu „Rente wegen Depressionen abgelehnt – Indas Kampf mit der Depression“

Foto: pixabay.com

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