Meine Angst und Ich

meine Angst und Depression

Meine Angst hat Macht über mich.

Die Angst ist ein Gefühl wie jedes andere und doch wirkt sie mehr in mein Leben hinein, als jedes andere Gefühl dies tut. Sie ist die Ungeliebte, Ungewollte unter den Emotionen. Je öfter sie mich besucht, desto weniger möchte ich sie bei mir haben. Ich möchte sie eigentlich überhaupt nie bei mir haben, aber gerade dies könnte ein Grund für ihre immer wiederkehrenden Besuche sein. Meine Furcht ist eine Botschaft. Um diese Botschaft zu entschlüsseln habe ich versucht, mich einmal auf dieses Gefühl einzulassen. Gedanken über die Depression, meine Furcht und was vielleicht damit zu tun hat…


Meine Angst kommt wie ein Dieb

Sie kommt wie ein Dieb, ungebeten, unerwartet, unerfreulich.

Ganz plötzlich ist sie da, groß und mächtig und bedrohlich.

Alles was vorher war, zählt nun nicht mehr.

Die Zukunft, sie schrumpft auf die nächste Sekunde herab.

Es gibt nur noch diesen Augenblick, den Augenblick der Furcht.

Furcht ist wie eine Verkehrsdurchsage im Gehirn.

Sie überschreibt alles.

Meine Angst ist laut

Da war die Radiomusik, die eben noch fröhlich aufmunternd an mein Ohr drang,

die Nachrichten, die meinen Blick in alle Welt schweifen ließen,

das Hörspiel, mit dem ich auf  Traumpfaden unterwegs war.

Und plötzlich ist von all dem nichts mehr da, als wäre es nie da gewesen.

Es gibt nur noch diese Verkehrsdurchsage.

„Vorsicht! Es könnte etwas passieren! Schon einmal ist es etwas passiert. Es sieht ganz danach aus, als könnte nun wieder so etwas passieren.“

Ich will meine Angst nicht

Keine Musik, keine Träume, keine realen Informationen.

Furcht.

Ich fühle Furcht.

Ich fühle große Furcht.

Die Furcht nimmt mich ganz ein, fixiert mich, lähmt mich, lässt mich klein werden.

Es ist einfach fürchterlich.

Sie macht mir Furcht, diese Furcht.

Ich will sie nicht haben.

Sie fühlt sich nicht wohl an.

Ich schicke sie weg.

Soll sie doch später wieder kommen, aber nicht jetzt.

Nur nicht jetzt.

Ich will sie nicht haben, die Furcht.

Aber die Furcht bleibt.

Meine Angst bleibt

Ich verlasse den Raum

und gehe nach draußen.

Ich laufe weg.

Die Angst bleibt.

Ich mache den Fernseher an.

Etwas Ablenkung hilft vielleicht?

Eine Flasche Bier oder ein Glas Wein?

Eine Pille zur Beruhigung, zum Glück gibt es Psychiater!

Ich gehe ins Bett und verschließe die Augen.

Doch die Angst bleibt.

Warum bleibt die Angst?

Warum nimmt sie sich nicht,

was sie braucht

und verschwindet wieder?

Die Angst bleibt.

Was braucht sie denn, die Angst?

Sie braucht die Erfahrung, dass alles gut wird.

Und sie braucht die Erfahrung, dass sie sein darf.

Und so setze ich mich und sehe sie an, meine Angst.

Eigentlich ein Gefühl wie jedes andere, denke ich.

Hoffnung, Freude, Trauer, Scham, Neugier, Ekel, Schmerz.

All diese Gefühle dürfen kommen und gehen.

Ich weiß, dass sie mir nichts tun können.

Sie zeigen nur etwas an.

Ich bin es doch, der tut oder nicht tut.

Meine Angst kommt aus mir

Meine Angst kommt aus mir.

Ich habe sie selbst erschaffen.

Sie ist mein Diener, aber ich will ihre Dienste nicht.

Und so verfolgt sie mich.

Sie verfolgt mich, bis ich mich ihr zu wende.

Ich danke dir, Angst.

Danke, dass du mir etwas zeigen willst.

Du willst mir zeigen, dass ich einst verletzt wurde und noch immer keinen Frieden damit habe.

Du willst mir zeigen, dass immer, wenn du da bist, ich beginne, mich selbst zu verlassen.

Anstatt für mich zu sorgen und das verstörte Kind in mir auf den Arm zu nehmen, laufe ich davon.

Du zeigst mir, dass es Zeit wird, Verantwortung für mich und für dich zu übernehmen, ebenso wie für deine Brüder und Schwestern, denn sie alle habe ich selbst erschaffen.

Ich sehe dich an.

Unbewaffnet

Ich sehe dich an, liebe Angst, und bemerke, dass du gar keine Waffen bei dir trägst.

Meine Güte, du bist ja völlig nackt!

Und ich sehe die Angst auch in deinem Herzen.

Es tut mir leid, dass ich dich noch nie wirklich angesehen habe.

Es tut mir leid, dass du mir schon so lange nachlaufen musstest.

Du tust mir gar nichts.

Du bist nur da.

Ich fühle dich.

In meinem Bauch kann ich dich fühlen.

Von hier aus breitest du dich aus, wenn ich vor dir davon laufe.

Ich fühle dich.

Du tust mir nichts.

Nichts passiert.

Ich fühle dich, aber nichts passiert.

Es ist nur die Sorge, es könnte etwas passieren.

Tatsächlich aber passiert in neunzig Prozent aller Fälle nichts.

Ich nehme dich in den Arm

Nun wirst du milder.

Es tut dir gut, dass ich dich ansehe, dich fühle.

Es tut dir gut, dass du da sein darfst.

Du beruhigst dich.

Womöglich hast du zu früh Alarm geschlagen?

Womöglich hast du unnötig Alarm geschlagen?

Du entschuldigst dich bei mir,

und ich nicke dir zu.

Wenn du wiederkommst,

koche ich uns einen Kaffee

und vielleicht reden wir dann über alte Zeiten…

Quellen zu „Depression – Meine Angst und ich“
Foto: pixabay.com
meine große Angst

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