Gefühle verstehen – sich selbst verstehen

gefühle verstehen, sich selbst verstehen, fühlenJeder Mensch hat sie und jeder Mensch kennt sie. Fühlen gehört einfach zum Leben. Es gibt unzählige Gefühle, einfache, wie Freude und zusammen gesetzte Gefühle, so genannte Mischgefühle, wie etwa Eifersucht. Eifersucht zum Beispiel ist eine Mischung aus Angst und Wut. Es gibt positiv empfundene und negativ wahrgenommene, starke und schwache, seltene und häufig auftretende, unterdrückte und heraus drängende, willkommene und abgelehnte Gefühle. Und noch viele weitere Attribute lassen sich hier finden. Wozu sind sie gut und wie worum sollte man seine Gefühle verstehen? Ganz einfach: Wer seine Gefühle versteht, kann sich selbst und andere auch besser verstehen.

 

Sich selbst verstehen

Neben unserem Verstand bestimmt kaum ein anderes Ding so sehr unser Leben, wie unser Gefühl. Gefühle sind mächtige Instrumente, die am Ende sogar darüber entscheiden, ob wir ein glückliches und zufriedenes Leben zu führen in der Lage sind oder nicht. Übrigens, Glück und Zufriedenheit sind auch schon wieder Gefühle. Sie scheinen also wichtig zu sein für unser Leben. Sie bringen gleichsam Farbe in ein ansonsten tristes Dasein. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, sie machen ein Leben aus. Dennoch sind Gefühle oft schwer zu verstehen, unsere eigenen oder die von anderen. Wenn es gelingt, Gefühle zu verstehen, können wir uns auch selbst besser verstehen.

Männer und Gefühle

Vielleicht fragt sich der eine oder andere nun, wieso ausgerechnet ein Mann versucht, über Gefühle zu schreiben? Nun, ehrlich gesagt, weiß ich das selbst nicht so genau. Ich habe sogar eher Schwierigkeiten damit, offen über Gefühle zu reden. Aber vielleicht ist das ja der Grund für mein Interesse an diesem Thema. Immer wieder sind es Gefühle, die mein Leben schön, aber manchmal auch kaum zum Aushalten machen. Es sind Gefühle, mit denen ich hier und da nicht recht umzugehen verstehe, die mich aber andererseits auch immer wieder nach vorn bringen. Ich kann mich da oft selbst nicht verstehen.

Was ist ein Gefühl?

Die Bezeichnung Gefühl ist eigentlich ein recht ungenauer Begriff. Sie wird für verschiedene körperliche und seelische Phänomene benutzt, so etwa für Empfindungen, Gemütszustände, Vermutungen und andere. Die Gefühle, um die es hier gehen soll, sind rein seelischer Art. So wie an anderen Stellen in der Literatur auch, würde ich Gefühle gern von Empfindungen abgrenzen. Empfindungen sind Wahrnehmungen, die uns unsere Sinneszellen vermitteln, wie beispielsweise Wärme, Kälte, Berührungen, Hunger, Durst, Vibration, Schmerz usw. Hier sprechen wir zwar auch von Gefühlen, sollten aber korrekter Weise von Empfindungen reden, denn Empfindungen sind immer objektiv. Ein Gefühl hingegen ist ein subjektiver Zustand. Hier reagiert der Mensch ganz individuell auf Ereignisse, die er erlebt oder erlebt hat.

Arten von Gefühlen

Antreibende und hemmende Gefühle

Es gibt zwei Gruppen von Gefühlen. Die eine Gruppe verstärkt das Handeln des Menschen, die andere Gruppe hemmt es eher. Menschen fühlen normalerweise andauernd, auch wenn ihnen das nicht immer bewusst ist. Mit dem Denken verhält es sich übrigens ganz ähnlich. Denken und Fühlen beeinflussen sich ständig gegenseitig, existieren aber unabhängig voneinander und sind jeweils eigenständige Anteile des menschlichen Bewusstseins, von denen es aber noch weitere gibt, wie etwa den Willen, Bedürfnisse, Vorstellungen und Wahrnehmungen. Ein Gefühl kann man sich nicht einbilden. Ein Gefühl ist fühlbar und keine alleinige Sache des Kopfes.

Grundgefühle und andere

Man unterscheidet weiterhin zwischen Grundgefühlen und sonstigen Gefühlen. Zu Ersteren zählt man in der Psychologie nach Ekman: Wut, Ärger, Angst, Ekel, Trauer, Freude und Überraschung. Ich würde dieser Aufzählung gern noch Liebe hinzufügen. Grundgefühle sind solche, die jeder Mensch, unabhängig von Herkunft, Sprache und Kultur gleichermaßen empfinden und entschlüsseln kann. Sie werden auch als Basisemotionen bezeichnet. Daneben gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Emotionen, die aber nicht den Grundgefühlen zugeordnet werden können. Dazu zählen unter anderem Schuld, Scham, Glück, Eifersucht, Minderwertigkeit, Lust, Neugier, Selbstwert, Neid, Begeisterung, Ärger, Übermut, Einsamkeit, Sehnsucht, Mitleid, Mitgefühl, Enttäuschung, Ohnmacht, Leere, Zerrissenheit, Stärke, Selbstbewusstsein, Hilflosigkeit, Zu- oder Abneigung, Frustration, Geborgenheit, Zufriedenheit und Verbitterung, um nur einige zu nennen.

Die Bedeutung der Gefühle

Im Grunde ist es aber nicht bedeutsam, ob wir wissen, dass wir gerade eine Basisemotion fühlen oder nicht. Entscheidend ist, dass wir uns unserer Gefühle überhaupt bewusst sind, das heißt, dass wir sie bewusst wahrnehmen, dass wir sie zulassen und nicht verdrängen. Sie wollen gefühlt werden. Dazu sind sie da. Das ist ihre Natur. Sie haben eine Bedeutung. Sie drücken aus, wessen wir bedürfen oder signalisieren, wessen wir nicht mehr bedürfen. Gefühle sorgen für uns. Wir können ihnen vertrauen, wir sollten ihnen vertrauen. Doch viel zu oft weiß unser Kopf, weiß unser Denkapparat es besser. Er ignoriert die Gefühle und entscheidet nicht selten gegen sie. Das sind Handlungen, die sich nicht auszahlen, ja irgendwann vielleicht sogar rächen könnten.

Ungefühlte Gefühle gehen nicht wirklich weg. Sie werden tief in uns konserviert und streben fortan immer wieder an die Oberfläche, ein ganzes Leben lang. Leider weiß man diese Gefühle später nicht mehr recht zu deuten und unterdrückt sie erneut. Das sind Prozesse, die nicht wenig Lebensenergie verbrauchen, ja regelrecht verschwenden. Durch Gefühle muss man hindurch gehen. Man muss sich ihnen stellen, dann lösen sie sich von allein auf. Kein Gefühl, das bewusst gefühlt wird, ist von Dauer. Wenn du dich bewusst deiner Angst stellst, in sie hinein fühlst, es aushältst, jetzt Angst zu haben, dann wird es nicht lange dauern und alternative Gedanken stellen sich ein. Es bieten sich Lösungen oder Erklärungen – die Angst hat keinen Bestand.

Gefühle verstehen

Gefühle sind weder gut noch schlecht, aber manchmal sind sie schwer zu verstehen. Wir teilen unsere Gefühle  in gute oder positive und schlechte oder negative ein. Damit machen wir allerdings einen großen Fehler. Gefühle sind Gefühle, weiter nichts und dienen nur einem Zweck. Sie signalisieren uns das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Bedürfnissen. Man kann sie quasi als unsere Diener betrachten. Sie sind ein Leben lang für uns da. Sie dienen. Nicht besser und nicht schlechter. Sie machen nur ihre Arbeit. Ich finde, sie haben es verdient, dass wir sie besser behandeln, dass wir ihnen zumindest ihre Daseinsberechtigung zuerkennen. Gefühle an sich neutral. Positiv oder negativ werden sie erst durch unsere gedankliche Bewertung. Entspricht unsere Wahrnehmung auch unseren Wünschen, finden wir die entstehenden Gefühle gut. Wir fühlen uns gut. 

Weicht unsere Wahrnehmung aber von unserer Erwartung ab, bezeichnen wir die entstehenden Gefühle als schlecht. Bescheren uns Gefühle so etwas wie Glück, Freude, Heiterkeit oder Liebe, sprechen wir von positiven Gefühlen und geben uns diesen auch gerne hin. Empfinden wir aber Schuld, Scham, Trauer, Enttäuschung oder ähnliche Gefühle, Gefühle die mit seelischem Schmerz verbunden sind, bewerten wir sie negativ und möchten sie am liebsten nicht haben. Wir verdrängen sie, im Irrglauben, sie würden wieder verschwinden, wenn wir ihnen nur ja keine Aufmerksamkeit widmeten.

Statt ihnen aufrecht zu begegnen und an ihnen zu wachsen, treten wir auf der Stelle, ein Leben lang. Wir sind wahrhaft Meister im Abwehren unangenehmer Gefühle. Interessanterweise verwenden wir dabei oftmals mehr Energie als nötig wäre, das Gefühl anzunehmen. Wir flüchten in den Alkohol oder in Drogen, in Arbeitswut, den Konsum oder exzessive Lebensweisen. Wir lenken uns ab, in dem wir ständig „auf Achse“ sind, nie wirklich Zeit haben – eben auch nicht für uns und unsere tatsächlichen Bedürfnisse. Wer diese Zusammenhänge erkennen kann, kann sich selbst und seine Gefühle vielleicht auch besser verstehen.

Angenehme und unangenehme Gefühle

Eine Übung in der Therapie Psychischer Erkrankungen lautet folgendermaßen: „Nennen Sie mir zehn positive und zehn negative Gefühle!“ Du kannst dir wahrscheinlich denken, wie der Test für die meisten Patienten ausgeht. Mit der Nennung von negativen Gefühlen haben sie in der Regel kein Problem, obschon sie oftmals die erwarteten Zehn auch nicht voll bekommen. An positive Emotionen hingegen kommen sie ganz schlecht heran. Und wie steht es mit dir? Wie geht diese Übung für dich aus? Auf welcher Seite fällt dir die Nennung leichter? Das hat etwas damit zu tun, auf welcher Seite des Lebens du gerade stehst. Ist es die Sonnen- oder eher die Schattenseite? Gefühle lassen sich grob in diese zwei Gruppen aufteilen, wovon die erste Gruppe eher positive, also lustbetonte, lebensbejahende Gefühle beherbergt, während dessen die zweite Gruppe, die Gruppe der negativen Emotionen den Oberbegriff Unlust tragen könnte.

Angenehme Gefühle, also positive, sind zum Beispiel Freude, Liebe, Lust, Erfolg, Glück, Wissensdrang oder Neugier, Zufriedenheit, Anerkennung und Bestätigung. Sie sind uns in der Regel immer angenehm, von Ausnahmesituationen und Krankheiten einmal abgesehen. Zu den unangenehmen Gefühlen, also den negativen, zählen unter anderem Angst, Schmerz, Trauer, Scham, Enttäuschung, Schuld, Neid, Eifersucht, Wut, Hass aber auch Langeweile oder das Gefühl der Gefühllosigkeit, das Gefühl innerer Leere. Sie sind uns unangenehm und wir neigen dazu, sie zu verdrängen. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Manche Menschen vergraben sich in ihren unangenehmen Gefühlen derart, dass sie überhaupt keine angenehmen Emotionen mehr zulassen können.

Gefühle sind zum Fühlen da

Wenn wir unangenehme Gefühle wirklich loswerden wollen, dann gibt es nur einen Weg: Wir müssen uns ihnen stellen. Wir müssen sie bejahend annehmen und durch sie hindurch gehen oder sie durch uns hindurch gehen lassen. Wer auf Dauer seine Gefühle unterdrückt, für den ist es vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis er seelisch krank wird. Nicht angenommene Gefühle bringen das Leben aus dem Gleichgewicht. Sie belasten so lange, bis sie irgendwann angenommen werden können. Wir sprechen in diesem Zusammenhang auch von Verarbeitung. Um also seelisch im Gleichgewicht zu bleiben, ist zu raten, alle Gefühle so anzunehmen, wie sie sind. Wir können dies leicht erreichen, indem wir einmal nichts unternehmen, um das betreffende Gefühl abzumildern oder ganz weg zu machen.

Seelische Gesundheit

Ist das seelische Gleichgewicht auf Dauer gestört und der Mensch findet nicht wieder in seine Mitte zurück, spricht man von einer erkrankten Seele oder von einer psychischen Krankheit. Die Liste möglicher psychischer Krankheiten ist hierbei lang. Sie umfasst Depressionen, Zwangserkrankungen, Angststörungen, Psychosen, Psychosomatischen Erkrankungen und andere. Alle Gefühle, an denen ein Mensch erkrankt, sind auch dem Gesunden geläufig, werden von diesem jedoch lange nicht so intensiv empfunden und sind für ihn deshalb auch leichter auszuhalten. Ein gesunder Mensch ist eher in der Lage, ein Gefühl zu verarbeiten und es dann auch wieder gehen zu lassen, während ein Psychisch Kranker an seinen belastenden Gefühlen oftmals festhält.

Sollte man sich jetzt jeder Emotion ganz und gar hingeben?

Auf gar keinen Fall. Emotionen sind Signale an uns, Botschaften. Worum es geht, ist sich diese Botschaften bewusst zu machen und dann zu entscheiden, was zu tun oder eventuell zu unterlassen ist. Ein blindes Ausagieren von Gefühlen dient oftmals nicht der Sache, der Allgemeinheit und dem Individuum. Blindes Ausagieren bedeutet im Gegenteil eher, sich diesen Gefühlen nicht angemessen stellen zu wollen. Als Menschen haben wir immer die Möglichkeit der Entscheidung. Alles was hierfür nötig ist, heißt liebevolle Annahme des momentanen Gefühls, heißt Bewusstmachung.

Wir können unsere Handlungen kontrollieren, das heißt, wir bestimmen selbst, wie weit wir gehen wollen. Gefühle anzunehmen heißt weiter nichts, als sie wahr zu nehmen und Ja zu ihnen zu sagen, ihnen einen Platz in unserem Leben einzuräumen. Es ist hierbei nicht sinnvoll, das aktuelle Gefühl zu bewerten, sondern es einfach kommen zu lassen, hinein zu spüren und es wieder gehen zu lassen. Durch diese Bewusstmachung geschieht alles, was sonst noch nötig ist, ganz automatisch.

Der Zauber der Gefühle

Gefühle sind etwas Wunderbares. Sie machen das Leben spannend, abwechslungsreich, schön, interessant, aufregend, verleihen ihm sowohl Tiefgang als auch Leichtigkeit. Gefühle machen das Leben lebenswert. Was wären wir doch ohne sie? Sie machen uns zu den Menschen, die wir sind. Sie machen uns einzigartig. Spüren wir sie also auf, die vergessenen, verdrängten, ungewollten Botschaften unseres Lebens und lassen sie frei, indem wir Ja zu ihnen sagen und sie liebevoll annehmen. Ihre Freiheit wird unsere Freiheit sein. Ihre liebevolle Annahme wird unsere liebevolle Annahme sein. Tue dir also etwas Gutes und sag Ja zu dir und deinen Gefühlen! Sag Ja und werde wieder eins mit ihnen, finde deine Mitte wieder, dein seelisches Gleichgewicht, deine innere Zufriedenheit, finde deinen inneren Frieden. Sich selbst besser zu verstehen und anzunehmen kann so lohnend sein… 

Quellen zu „Fühlen und Gefühle verstehen – sich selbst verstehen“
seele-und-gesundheit.de   philolex.de   textlog.de   lebenshilfe-abc.de   wikipedia  sich-selbst-verstehen.de Foto: pixabay

gefühleÜberarbeitet: 07.11.2024