Angepasstheit in der Partnerschaft

Angepasstheit und Depression

Angepasstheit als Lebensprinzip – Jeder Mensch hat seine Masken

»Ich bin wie ich bin und möchte so akzeptiert werden.« Dieser Satz hat mich am Ende meine Partnerschaft gekostet. Lange Zeit galt ich als angepasst. Angepasstheit war ein Überlebensgarant dort wo ich aufwuchs, in der ehemaligen DDR. Ich war freundlich im Umgang mit jedermann, offen und hilfsbereit. Besonderen Wert legte ich darauf, von den Menschen gemocht zu werden – von meinen Nachbarn, den Kollegen, den Mitgliedern der Kirchengemeinde, meinem Vater, meinen Brüdern und anderen Verwandten. 


Ich lieferte den Menschen das Bild, das sie von mir haben wollten oder das ich glaubte, das sie es von mir haben wollten. Jedenfalls fuhr ich damit immer gut. Nur dort wo ich mich tatsächlich geliebt fühlte, durfte ich sein, wie ich war und fühlte mich akzeptiert. Mein Zuhause war der Ort, wo ich die Masken ablegen konnte. Ich hatte im Umgang mit jedem Menschen und für jede Situation ein passende Verkleidung. Den Leuten das zu zeigen, was ihnen gefiel, darauf war ich spezialisiert. Ich habe ihre Eitelkeit bedient und wurde dafür mit Freundlichkeit belohnt. So ging das viele Jahre gut mit meiner Angepasstheit…

Depressionen und Umgang mit dem Partner

Vermutlich hat die Depression mein Erscheinungsbild und meine Wirkung auf andere Menschen irgendwann so weit verändert, dass es eben nicht mehr in Ordnung war, wie ich war. Draußen funktionierten meine Masken noch wunderbar, da hatte ich kein Problem. Aber Zuhause, an dem Ort, wo ich eigentlich sein durfte, wie ich war, war ich plötzlich nicht mehr gut genug. Meine Frau fing an, an mir herum zu kritisieren: „Benno, mach das so!“ „Benno, wieso hast du….?“ Den Aufforderungen, mich zu ändern, folgten irgendwann Drohungen: „Wenn du dich nicht änderst, dann…!“ Ich sah mich jedoch außerstande, mich zu ändern. Ich verstand auch gar nicht, wieso ich dies hätte auf einmal tun sollen, da ich mich doch wie immer wahrnahm. Wieso sollte ich mich ändern? Und geht das überhaupt? Sind wir Menschen nun einmal nicht, wie wir sind?

Sich nicht ändern wollen

Ändern sich Menschen wirklich oder ändern sich eventuell nur die Erwartungen und Wünsche des Partners? Ich komme der Sache nicht ganz auf den Grund. Aber eines weiß ich: Ich will mich gar nicht ändern! Das letzte bisschen Ego, das mir geblieben ist, bäumt sich auf, macht sich groß und schreit heraus: Nimm mich, wie ich bin oder lass es! Frei nach dem Motto: Vogel friss oder stirb! Aber wer will sich heute noch vorschreiben lassen, was er zu essen hat? In der Regel reagieren Menschen auf solche Ultimaten eher ablehnend. In meiner Partnerschaft war es jedenfalls so.

Menschen ändern sich nicht

Menschen ändern sich nicht – Das gilt auch für depressive Partner. Meine letzte Partnerin hat mir den Laufpass gegeben, weil ich mich nicht ändern wollte. Meiner ersten Frau habe ich den Laufpass gegeben, weil sie nicht aufhörte, zu fordern, dass ich mich ändern sollte. Und hat mich das verändert? Nein! Ich bin ein sturer Hund geblieben. Ich halte aus, bin verlässlich, lasse nicht locker, behalte meine Ziele im Auge. So bin ich. Ich glaube, Menschen ändern sich nicht, sehr wohl aber ihre Bedürfnisse. Und wenn die Bedürfnisse in einer Partnerschaft nicht mehr ausreichend befriedigt werden können, dann kommt es zur Trennung und nicht weil der Partner sich verändert hat.

Keine Änderung nach 20 Jahren

Ich habe Menschen aus meiner Schulzeit erst nach Zeit wiedergetroffen. Das war zwanzig Jahre nach unserer Schulentlassung und ich habe sie alle wieder erkannt. Zwar hatten sie sich äußerlich verändert, aber ihr Wesen war gleich geblieben. Ich konnte sofort anknüpfen an das, was einmal war. Das war eine schöne Erfahrung für mich. Wir sprachen miteinander, als hätten wir uns einen Tag zuvor das letzte Mal gesehen. Nein, Menschen ändern sich nicht wirklich und das ist auch gut so. Es macht sie aus, so zu sein, wie sie sind. Natürlich kann man bestimmtes Verhalten verändern. Das ist eine andere Geschichte. Ich kann mich zum Beispiel zum Pipi-Machen auf die Toilette setzen, meiner Frau zu Liebe, oder meine Schmutzwäsche immer gleich in den Wäschekorb bringen, aber das macht mich nicht zu einem Mädchen, denn jetzt, wo ich wieder allein lebe, pinkele ich auch wieder im Stehen und es geht mir gut damit.

Die Einzigartigkeit bewahren

Einzelnes Verhalten zu ändern aus Aufmerksamkeit und Respekt vor dem Partner – Ja, aber auch hier muss es Grenzen geben. Es sollte ausgewogen sein und nicht so, dass einer nur immer tut, was der Partner will. Respekt und Liebe müssen auf Gegenseitigkeit beruhen, sonst gehen sie irgendwann verloren und dann funktioniert die beste Partnerschaft nicht mehr. »Ich bin wie ich bin und möchte so akzeptiert werden.« Wenn ich mich selbst nicht akzeptieren kann und ständig versuche, es mit meiner Angepasstheit anderen Recht zu machen und sei es dem Partner, dann verliere ich mich irgendwann im Nirgendwo, dann entschwindet mein Ego, so wie der Geist einen toten Körper verlässt.

Ich bin okay

Nein, ich bin wie ich bin und ich bin stolz darauf! Wenn meine Partnerin mit mir ein Problem hat, ist es immer noch sie, die das Problem hat. Ich denke, es wäre falsch, es zu meinem zu machen. Das klingt zwar hart, aber es ist nicht meine Aufgabe, ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Das ist ihr Job, so wie auch ich von ihr nicht erwarten kann, dass sie mich glücklich macht. Das ist mein Job! Partner sollten in Liebe füreinander ihr eigenes Leben mit dem Partner teilen, aber sie sollten nicht ausschließlich für den Anderen leben oder, weil der es so erwartet, leben müssen. Angepasstheit kann sicher hier und da von Vorteil sein. Angepasstheit hilft uns, bestimmte Ziele zu erreichen. Machen wir die Anpassung aber zu einer Art Lebensmotto, zu einer Grundeinstellung, töten wir auf Dauer ab, was uns im Kern ausmacht. Diesen Preis für etwas zu zahlen, lohnt sich niemals…

Quellen zu Angepasstheit Partnerschaft und Depression

Foto: pixabay.com

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