Ablehnung und die Folgen für die Psyche

Ablehnung und Depression

Wenn es mehr Ablehnung gibt im Leben als Annahme, leidet die Seele.

Das Leben ist wie es ist. Dinge passieren und nicht immer sind sie gut. Natürlich sind wir den Gegebenheiten nicht hilflos ausgeliefert. Wir sind imstande, entsprechend zu reagieren oder schon im Vorfeld Maßnahmen einzuleiten. Wir können Einfluss nehmen, auf das was mit uns und um uns herum geschieht, aber wir haben niemals die volle Kontrolle. Manche Dinge passieren einfach, ob uns das nun passt oder nicht. Wir müssen damit klar kommen. Nicht wenige von uns haben da aber so ihre Schwierigkeiten. Sie können einfach nicht akzeptieren. Es fällt ihnen schwer, anzunehmen, was da geschieht. Sie lehnen es ab. Indem sie dies tun, lehnen sie aber die Realität ab und dies mit weitreichenden Folgen.


Zustimmung und Ablehnung

Es gibt viele Menschen auf der Welt. Da gibt es zum Beispiel solche, die fast immer zustimmen, wenn andere Meinungen auftauchen, Menschen, die wenig kritisch gegenüber ihrer Umwelt sind. Oftmals sind sie übermäßig um Harmonie bemüht und scheuen eher offene Auseinandersetzungen. Dann gibt es jene, die manchmal zustimmen und manchmal dagegen sind, Menschen die reflektieren. Das sind Menschen, die das was auf sie einwirkt, abgleichen mit ihren eigenen Gedanken, Wünschen, Wertvorstellungen und Erfahrungen. Sie entscheiden von Fall zu Fall und bewahren sich die Freiheit, so oder so zu entscheiden. Zu guter Letzt gibt es dann noch jene Spezies, die immer dagegen ist. Anhänger dieser Gruppe lehnen zunächst erst einmal alles ab, was Neues auf sie zukommt. Sie scheinen grundsätzlich gegen alles zu sein. Und erst mit der Zeit bröckelt ihr Widerstand. Erst dann können sie sich frei entscheiden.

Ich bin dagegen

„Ich bin dagegen!“, ist ein Satz, auf den ich völlig zu Unrecht immer stolz war. Wenn alle dafür waren, weil sich niemand traute aufzumucken, dann war ich es am Ende der dagegen war. Genau dies war immer meine Stunde, mich zu zeigen. Auf diese Weise konnte ich mich abheben von der Masse, konnte beweisen wie mutig und entschlossen ich war. Ich erinnere mich hierbei an Situationen auf der Arbeit, wenn zum Beispiel Umstrukturierungen und Sparmaßnahmen anstanden oder Ähnliches. Aus Angst vor Repressalien traute sich meist niemand, seine ehrliche Meinung zu sagen. Hinterher bekam ich dann Zustimmung und Anerkennung, aber in der Gruppe gab sich zumeist niemand zu erkennen. Und weißt du was? Die waren alle viel klüger als ich. Wenn es nämlich gelang, was ich vorschlug, profitierten sie alle davon, wenn es aber misslang, hatte ich allein die Konsequenzen zu tragen.

Die Rolle des Vaters

Wie kam es dazu, dass ich mich gern in die Menschengruppe der Ablehner einreihte? Bekam ich dort die Aufmerksamkeit, nach der ich mich tief in mir sehnte? Konnte ich so herausragen aus der grauen Masse der Menschheit und etwas Besonderes sein? Wenn es solche Situationen gab, dann war ich hinterher immer stolz auf mich. Ich hatte mir etwas verdient. Zumindest meine eigene Anerkennung hatte ich mir verdient. Durch Demonstrationen solcher Art konnte ich mir beweisen, dass ich mutig war.

Gespaltenes Selbstbild

Aber warum war das so wichtig für mich? Weshalb musste ich mir beweisen, dass ich mutig war? Es war so wichtig, weil mein Selbstbild ein gespaltenes Selbstbild war. Mein Selbstbild entsprach und entspricht leider noch heute einer Collage aus dem wie ich wirklich bin, Teilen wie mein Vater mich als Kind sah und Teilen wie ich gern sein möchte. Die beiden letzten Komponenten haben wenig mit mir zu tun, machen mir aber am meisten zu schaffen.

Kein richtiger Junge

Mein alter Herr hielt mich eher für einen Feigling, einen Angsthasen, eben für keinen richtigen Jungen, zu schlapp, zu unbeweglich, zu sensibel. In seinen Augen war ich unsportlich, unmusikalisch, unattraktiv… „Es kann nur Einen geben!“ Zitat Highländer Und dieser Eine war eben er. Ein zweiter Mann wurde nicht geduldet in der Familie. Das Drama an der ganzen Sache ist, dass ein kleiner Junge seinem Vater solche Sätze abkauft. Er glaubt sie. Sie werden zu seinen Glaubenssätzen. Und so findet er immer wieder Momente des Zweifelns, in denen er Beweise für seine Glaubenssätze einsammeln kann – ein Leben lang. Daran hat nicht der Vater Schuld. Er war wie er war. Die Schuld oder besser gesagt, die Verantwortung liegt allein bei mir. Inzwischen bin ich kein Kind mehr. Ich kann mir heute andere Wahrheiten suchen und müsste nicht mehr die meines Vaters nachplappern.

Ablehnung als Lebenseinstellung

Ich weiß nicht, ob es aus den oben geschilderten Momenten des Stolzes und der eigenen Wertschätzung herrührte oder sich parallel und ohne Bezug dazu entwickelt hat. Jedenfalls hat sich die Ablehnung mit der Zeit ziemlich breit gemacht in meinem Leben. Ich erlebe mich heute als einen Menschen, der grundsätzlich erst einmal alles ablehnt, was auf ihn zukommt. Ich erlebe mich als Menschen, dem man es irgendwie gar nicht recht machen kann. Egal was passiert – ich bin dagegen! Bekomme ich einen kurzen Brief, frage ich mich, ob ich nicht ein paar Zeilen mehr Wert gewesen sein könnte. Bekomme ich einen langen Brief, ist er mir viel zu lang und ich stöhne unter dem Druck, das alles beantworten zu müssen. Werde ich nicht zu einer Feier eingeladen, fühle ich mich übergangen, werde ich aber eingeladen, empfinde ich es als Pflichtveranstaltung.

Irgendwie finde ich an jeder Situation etwas auszusetzen. Irgendwie bin ich tatsächlich immer dagegen. Die Ablehnung ist unbewusst zu einer Art Lebenseinstellung für mich geworden. Das Spannende daran ist, dass ich selbst große Angst davor habe, von anderen Menschen abgelehnt zu werden. Meine größte Angst bezieht sich also auf das, was ich selbst tagein tagaus praktiziere. Ob es da einen Zusammenhang gibt?

Ablehnung und Selbstablehnung

Da wo meine Aufmerksamkeit liegt, da wo meine Schwerpunkte liegen, da findet mein Leben statt. Wenn es die Ablehnung ist, der ich meine Aufmerksamkeit widme, ist es auch die Ablehnung, die mein Leben füllen wird. Denn eigentlich lehne ich mich selbst ab. Ich wiederhole das, was mein Vater mir einst vorlebte. Und weil ich mich selbst ablehne, ist auch meine Angst so groß, von anderen Menschen abgelehnt zu werden. Wäre ich stolz auf mich und mir meiner sicher, fände ich mich liebenswert und wäre ich überzeugt davon, dass ich okay bin wie ich bin, dann käme ich wohl kaum auf die Idee, dass meine Mitmenschen mich anders sehen könnten. Weil ich mich aber ablehne, so wie ich bin, weil ich anders sein möchte, steht es mir quasi auf der Stirn geschrieben: „Ich bin nicht liebenswert!“ oder „Mich solltest du lieber ablehnen!“.

Angst vor Unbekanntem

Auch wenn neue Menschen in mein Leben treten, was momentan eigentlich nur in der Selbsthilfegruppe geschieht, stehe ich diesen Menschen zunächst ablehnend gegenüber. Ich mag sie einfach nicht. Sie sollen wieder gehen. Sie sollen nicht unsere Gruppenharmonie stören. Mit der Zeit stellt sich dann für mich heraus, dass sie doch ganz okay sind, später mag ich sie sogar. Aber mit dem nächsten Neuzugang fängt das ganze Spiel von vorne an. Auch das ist Angst. Angst, vor Unbekanntem, Angst vor Menschen. Ich lehne diese Menschen ab.

Ablehnung heißt das Leben abzulehnen

Was nicht da ist, kann ich auch nicht ablehnen. Im Umkehrschluss bedeutet das: Wenn ich etwas ablehne, dann lehne ich ab, was eh schon da ist. Ich lehne die Realität ab. Ich lehne mein Leben ab. Solange ich etwas ablehne, werde ich meine ganze Energie auch in die Abwehr investieren müssen. Das geht gar nicht anders. Das sind Programme, die wir Menschen seit Urzeiten in uns tragen. Manche nennen dies unser Reptiliengehirn. Abwehr setzt Bedrohung voraus, ob real oder nur gefühlt ist für unser Gehirn völlig egal. Angst ist Angst, begründet oder unbegründet ist eine Bewertung, die nur von außen stattfindet. Das eigene Gehirn bewertet nicht. Es aktiviert und koordiniert nun alle Kräfte zur Verteidigung. Kreative Lösungen sind unter diesen Umständen nicht mehr möglich. Es geht ums Überleben!

Stress als Folge von Ablehnung

Wenn die Ablehnung zur Lebenseinstellung wird, kann das eine ganze Menge Stress bedeuten. Und so kommt es mir oft auch vor. Obwohl ich Rentner bin und alle Zeit der Welt habe, fühle ich mich gestresst. Die kleinste Kleinigkeit macht mir schon Druck. Mein Tinnitus pfeift in den höchsten Tönen und ich weiß nicht wirklich, wie ich mich noch entspannen könnte. Ich selbst würde mich allerdings als entspannt bezeichnen. Ich habe mich wohl schon zu lange an diesen Zustand ständiger Anspannung gewöhnt?

Annahme anstatt Ablehnung

Bei genauerem Hinsehen macht es ja überhaupt gar keinen Sinn, etwas abzulehnen, was ohnehin schon da ist. Das ist schlicht und ergreifend verschwendete Energie. Ich kann es doch nicht ändern, das etwas da ist, denn der Moment, da es in mein Leben kam, ist schon vergangen. Die Vergangenheit aber vermag niemand zu ändern. Darum wäre es besser, als Grundhaltung zur Annahme zu wechseln. Nur auf das was ich annehme, kann ich verbessernd einwirken. Vielleicht muss ich ja aber gar nicht mehr so viel verbessern, wenn ich erst mal annehmen kann, was da ist: meine Freunde und Nachbarn, meine Arbeitskollegen, alle Menschen, meine Depression, mich selbst mit allem, was mich ausmacht?

Ja sagen

Ja zu sagen, setzt positive Energie frei. Es fühlt sich ganz anders an, als innerlich ablehnend zu sein. Alles was ist, darf auch sein. Alles was ist, hat seine Berechtigung für den Moment, sonst wäre es nicht da. Wenn es nicht mehr die Ablehnung, sondern nunmehr die Annahme ist, die von mir ausgeht, dann ist es auch jene dieser Haltungen innewohnende Energie, die ich in die Welt hinaus sende. All das aber, dass ich hinaus sende, kehrt zu mir zurück. Kein Wunder eigentlich, dass die Angst vor Ablehnung meine größte Angst ist. Angst lässt sich nicht mit Angst bekämpfen. Angst lässt sich nur mit Liebe bekämpfen. Annahme ist eine andere Schreibweise für Liebe. Nimm dein Leben an, nimm die Menschen an, nimm dich an! Wenn du dies aus tiefstem Herzen tun kannst, werden womöglich kleine Wunder geschehen…

Quellen zu Ablehnung und Depression
Foto: clipdealer.de

Ablehnung und Depression

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